Was haben die Inka mit Achtsamkeit von Heute zu tun?

 


Ganz klar – wenn wir an Achtsamkeit und Balance im Alltag denken, kommen uns sofort Yogamatten, Klangschalen und Meditation in den Sinn. Alles Bilder, die wir mit Asien verbinden. Als ich vor ein paar Wochen einen Workshop gab, leitete ich diesen mit dem "Ritual von Wayra", eines unserer Rituale aus der 7 Tage Ritualbox, ein. Danach kam der Kommentar "Ist das nicht ähnlich wie Yoga? Was hat das mit Peru zu tun?". Da wurde mir klar, wie wenig wir hier in Europa von der Kultur der Inka wissen. Yoga und Meditation hat nämlich tatsächlich sehr viel mit Peru zu tun!
Um zu verstehen wieso, werfen wir einen Blick auf die Kultur der Inkas, welche das Leben in vielen lateinamerikanischen Ländern noch heute beeinflusst. Wichtiger Bestandteil ist hierfür der Glaube und die Weltanschauung der Inka.

 

Die Geschichte der Inkas und Lateinamerikas ist geprägt von der Verbindung zwischen Menschen und Natur. Wie von uralten indigenen Völkern überliefert, schufen Sonne und Mond den Gott Pachacamac. "Pacha" bedeutet Erde und "Camac" Energie. Nachdem Pachacamac die Erde und die ersten Menschen geschaffen hatte, wurde ihm bewusst, dass kein Lebewesen ohne Nahrung überleben konnten. Da er jedoch keine Lösung finden wollte, überlistete ihn die Sonne und streute Saaten aus, die bald die erste Frucht – in Quechua "Wayu" – hervorbrachten. Seitdem stehen Sonne, Mond und Mensch durch die Frucht in einer besonderen Beziehung zueinander. Voller Achtsamkeit und Dankbarkeit füreinander. (Das ist zumindest die weniger blutige Version der Geschichte. Die Mythen um die Götter der Inka sind nämlich sehr zu vergleichen mit den brutaleren Geschichten der Griechen und Römer.)

 

Durch das Gefühl der engen Verbundenheit zur Erde spezialisierten sich die Völker Lateinamerikas auf die Landwirtschaft und brachten außergewöhnliche Techniken hervor. Die Inkas betrieben ihre Landwirtschaft nach den Zyklen der Sonne und des Mondes und waren im Bereich der Heilpflanzenkunde hochentwickelt. Sie glaubten, dass Körper, Geist und Natur im Einklang sein müssen, damit man ein wahrhaft gutes Leben führen kann. Besteht ein Ungleichgewicht, wird der Mensch krank. Dies übertrugen sie auf alle möglichen Bereiche und entwickelten 13 Prinzipien, denen man folgen sollte. Mit Geschenken der Erde wie Guarana, Mate, Boldo und anderen Pflanzen, bereiteten die Inka beispielsweise Tee ähnliche Aufgüsse zu, die dabei helfen sollten Körper und Geist wieder in Harmonie zu bringen. Dies nannten sie Sumaq Manq‘ aña ("Zu wissen, wie man isst") und Sumaq Umaña ("Zu wissen, wie man trinkt") – zwei der 13 Prinzipien eines "guten Lebens".

 

Die 13 Prinzipien des Sumaq Kawsay ("des guten Lebens") liefern die Erklärung dafür, warum Länder wie Peru sehr wohl etwas mit Achtsamkeit, Yoga und Meditation zu tun haben. Schauen wir uns die Prinzipien doch mal genauer an:

Sumaq Manq’ aña (saber comer) (Zu wissen, wie man isst)
Sumaq Umaña (saber beber) (Zu wissen, wie man trinkt)
Sumaq Thokoña (saber bailar) (Zu wissen, wie man tanzt)
Sumaq Ikiña (saber dormir) (Zu wissen, wie man schläft)
Sumaq Irnakaña (saber trabajar) (Zu wissen, wie man arbeitet)
Sumaq Lupiña (Saber meditar) (Zu wissen, wie man meditiert)
Sumaq Amuyaña (saber pensar) (Zu wissen, wie man denkt)
Sumaq Munaña, Munayasiña (saber amar y ser amado) (Zu wissen, wie man liebt und geliebt wird)
Sumaq Ist’ aña (saber escuchar) (Zu wissen wie, man zuhört)
Sumaq Aruskipaña (saber hablar bien)  (Zu wissen, wie man spricht)
Sumaq Samkasiña (saber soñar)  (Zu wissen, wie man träumt)
Sumaq Sarnaqaña (saber caminar)  (Zu wissen, wie man geht)
Sumaq Churaña, Suma Katukaña (saber dar y saber recibir)  (Zu wissen, wie man gibt und empfängt)

 

Es wird deutlich, dass unsere menschlichen Grundbedürfnisse Wende- und Angelpunkte sind. Übersetzt müssen wir nur wissen, auf welche Weise wir diese Bedürfnisse nähren. Da die Inkas eine ganzheitliche Weltanschauung hatten, nähren wir nach ihrem Glauben nie nur die eigene Seele durch diese Prinzipien, sondern auch die unseres Umfelds. Was fasst das Thema Achtsamkeit also besser zusammen?

Lesen wir "Zu wissen, wie man tanzt" und "Zu wissen, wie man meditiert", wird klar, dass die Inka auch ihre Form der Meditation und des Yogas hatten. Leider ist hiervon nicht sehr viel übermittelt. Was sich jedoch sagen lässt ist, dass die Inkas Arten von Meditation und Yoga nutzen, um sich mit dem Universum zu verbinden und spirituell zu wachsen. Darüber hinaus sollte Meditation zur Selbstreflexion genutzt werden mit dem Ziel zur inneren Ruhe zu gelangen.

Diese spezifischen Techniken sind über die vielen Jahre immer mehr verloren gegangen. Nichtsdestotrotz spürte ich auf meiner Reise durch Peru die andere Einstellung zum Leben und die Mischung aus Lebensfreude und Gelassenheit sehr deutlich. Ich fing an zu begreifen, wie viel man von den Prinzipien der Inkas auf unser Leben heute übertragen kann – und sollte!

Die Philosophie der Inka und der Urvölker Lateinamerikas zeigt uns, dass wir uns mehr als Teil des Großen Ganzen zu betrachten haben. Wenn wir uns eine Auszeit nehmen, inneren Frieden und Lebensfreude finden, hat das weniger mit Egoismus zu tun. Wir sollten es als positiven Beitrag zum Großen Ganzen sehen. Denn wenn ein Element im Ungleichgewicht ist, heißt das Ungleichgewicht für Alle. Wenn wir hieraus mal nicht viel für Achtsamkeit im 21. Jahrhundert lernen können...

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